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20. October 2023

Die Vereinigten Arabischen Emirate: Ein Proven Champion am Golf I Eindrücke aus der arabischen Welt I Oktober 2023

1.    Einführung – Unser Blick auf die Vereinigten Arabischen Emirate: Ein Proven Champion am Golf

2.    Fünf Punkte – Ein Land voller Unterstützer und Förderer – Wie die Emirate dem Unternehmer Investitionen und Markteintritt besonders einfach machen

3.    Unsere Empfehlungen – An die Deutsche Außenwirtschaft und Außenpolitik

1.    Einführung – Unser Blick auf die VAE: Ein Proven Champion am Golf, der immer neues bietet

Mit diesen „Eindrücken aus der Arabischen Welt“ ist es uns bei Thinking Arabian ein persönliches Anliegen, auf relevante Entwicklungen, Opportunitäten und Insights aus dieser so spannenden und dynamischen Region hinzuweisen. Diese Eindrücke entstehen aufrgund unserer vielfältigen, persönlichen Beziehungen und der Präsenz in den Ländern der Region, dieses Mal den Emiraten.

Für unsere Unternehmen der Exportwirtschaft, die vielen Mittelständler, große Familienunternehmen und auch startups, die noch nicht den Weg in diese Region gegangen sind möchte ich damit sagen, es ist Zeit, sich auf den Weg in den VAE zu machen.

Mit dieser Ausgabe geht der Blick gezielt in Richtung des Landes, welches längst den Status eines „hidden champions“ passiert hat. Die Vereinigten Arabischen Emirate sind längst ein proven champion. Ein Land und Markt, das sich als führende Wirtschaftsmacht in der Region und für den globalen Handel an Gütern, Rohstoffen, Finanztransaktionen und Services bewiesen haben. Und vor allem ein Land, das es ausländischen Investoren so einfach macht wie kein anderes, sich dort anzusiedeln, erfolgreich Handel zu betreiben oder auch zu produzieren.

Das ist es, das as die VAE zum Proven Champion machen: Ein Netz aus Wirtschaftsförderungen, Entwicklungsbanken, Ministerien und Free Zones, alle abgestimmt auf ein Ziel: Ausländischen Investoren den Erfolgsweg zu ebnen.

Überhaupt, neben allem was über die VAE bekannt ist, ihre wirtschaftliche Offenheit, das schnelle Tempo bei der Gründung von Firmen, die Incentivierungen und Steuervorteile, der günstige Zugang zu hoch ausgebildeten Fachkräften, die moderne Infrastruktur und der Zugang zu allen relevanten Märkten in der Region Afrikas, Arabiens und Teilen von Asien, die persönliche Sicherheit – Das Land bietet vieles, gerade für unsere deutsche Außenwirtschaft, was hier in Europa stärkere Aufmerksamkeit und Kenntnis erfordern würde.  Ich bin ca alle 6 Wochen in der Region und nehme nach einer Woche in Dubai, Abu Dhabi (und dem nördlichen Emirat Ras Al Khaimah), immer wieder überrascht mit, wie viel neues man hier erfährt, oder wo es überall vorangeht oder das nächste ehrgeizige Projekt vorgestellt und möglich gemacht wird – ohne jahrelangen Behördendschungel.

Eine Region im Wandel. Eine Region im Wettbewerb

Der Arabische Golf befindet sich in einem Klima des Wettbewerbs. Jedes der Länder in der Region arbeitet mit Hochdruck an seiner ökonomischen Diversifizierung. Gigaprojekte, Infrastruktur, Free und Industrial Zones, Steuervorteile – Es ist eine Entwicklung, die es ausländischen Investoren unmöglich macht, sie zu ignorieren (wir haben da den Überblick…). Und manchmal auch schwierig, den für sich richtigen Markt zu identifizieren.

Dabei wird man trotz dieses Wettbewerbes am Golf häufig den Satz hören, man stehe nicht in Konkurrenz mit den anderen Ländern. Man ergänze sich lediglich. Sehr diplomatisch. Und auch mit einer großen Spur Wahrheit versehen. Den bei genauer Betrachtung, jedes Land hat tatsächlich seine eigenen Stärken, seine eigenen Opportunitäten und überhaupt seine eigene DNA. Saudi-Arabien bietet ein anderes Potential als Katar. Katar ein anderes als der Oman. Und ganz im Schatten begeben sich kleine Länder auf die Überholspur (bspw Oman oder RAK; Sharjah) und profilieren sich ganz eigen !

Und die VAE? Die Emirate stechen in diesem „Wettbewerb“ doch noch etwas heraus. Denn neben allen Opportunitäten sind die im Vergleich mit der Region doch nochmal am weitesten, was die Strukturen, die Förderprogramme und die verschiedenen Entitäten anbelangt, die ausländische Investoren von A-Z an die Hand nehmen, durch den Markteintritt begleiten und jegliche Risiken minimieren.

2.    Fünf Punkte – Ein Land voller Unterstützer und Förderer – Wie die Emirate einem Unternehmen, Investition und Markteintritt besonders einfach machen

Was bieten die Emirate also potenziellen Investoren und Exportunternehmen aus Deutschland?

Ein erfolgreicher Föderalismus mit starken Strukturen – Ein Netzwerk aus Free Zones, Kammern und Wirtschaftsförderern

Ehrlicherweise, wenn wir als Deutsche an Föderalismus denken, assoziieren wir damit selten Erfolg oder wirtschaftliche Stärke. Sicher, der Föderalismus in unserem Land hat über die Jahrzehnte zur Entwicklung verschiedenerer wirtschaftlicher Ballungsräume geführt. Wenn es jedoch bspw. um den Ausbau von Infrastruktur geht, dann ist die Kompetenzverteilung zwischen Bund und den 16 Bundesländern eher lähmend.

Ganz anders die sieben Emirate der VAE. Ja, es gibt den starken Zentralstaat mit seinen nationalen Organen, der nationalen Gesetzgebung und vor allem einer Vision für das gesamte Land. Gleichzeitig existieren die sieben individuellen Emirate, Abu Dhabi, Dubai, Sharjah, Fujeirah, Ras Al Khaimah, Ajman und Umm Al Quwain.

Genau wie verschiedene Länder der Region, stehen auch die Emirate der VAE nicht in Konkurrenz zueinander. Sie ergänzen sich. Sie alle haben ihre Stärken und USPs, die sie konsequent entwickelt haben. Siehe neben den bekannten Power Houses Abu Dhabi (Hierzu meine Eindrücke von vor vier Wochen) oder Dubai, das vermeintlich kleine aber aufstrebende Emirat Ras Al Khaimah, kurz RAK.

Die Stärke dieses Föderalen Gedanken? Jedes dieser Emirate hat auf eigene Strukturen gesetzt, die einerseits Visibilität schaffen für die jeweiligen Opportunitäten der eigenen Region. Diese Strukturen nehmen aber gezielt ausländische Investoren mit ihren individuellen Bedürfnissen an die Hand und und erleichtern den Markteintritt.

Beispielsweise die vielen Free Zones im Land. Zonen, wie IFZA oder DMCC in Dubai, RAKEZ in Ras AlKhaimah oder die Khalifa Economic Zone in Abu Dhabi, Sie unterstützen Unternehmen von der Beglaubigung nötiger Dokumente, zur Organisation eines Büros, der Visa für die Mitarbeiter, der Eröffnung eines Bankkontos und des Kontakts zu strategischen Partnern im Land.

Eng im Verbund mit den Free Zones sind die lokalen Handelskammern, wie die Dubai Chambers, die Sharjah Chamber, die AHK oder die Chamber in Abu Dhabi. Als übergeordnete Instanz, die zwischen allen nötigen Schritten den Weg aufzeigt, findet sich in beispielsweise in Abu Dhabi die Wirtschaftsförderung ADIO. Quasi ein One-Stop-Shop für jegliche Geschäftsinteressen in diesem Emirat. Jedes der sieben Emirate weist ein ähnliches Konstrukt an Unterstützern auf.

Thema Finanzierung – Das Emiratische Pendant zur KFW

Wir kennen Sie bei uns nur zu gut, die KFW. Unsere Entwicklungsbank für jegliche größere Unterfangen im In- und Ausland. Eine essenzielle Stütze unserer Außenwirtschaft. Auch in den Emiraten findet dieses Prinzip der KFW, die Mischung aus politischem Auftrag und marktwirtschaftlichen Interessen, viel Anklang. Neu strukturiert findet sich daher ein lokales Pendant – Die Emirates Development Bank.

Die „EDB“ hat einen klaren Auftrag: Die ökonomische Diversifizierung und Industrialisierung der VAE mit extrem vorteilhaften Krediten für ausländische Investoren zu stützen. Entsprechend der nationalen Vision für Industrialisierung des Landes wird hier bewusst auf fünf Kernsektoren gesetzt: Produktion, Gesundheit, Wasserstoff & Energie, Mobilität und Kreislaufwirtschaft. Unternehmen, die in einem dieser Bereiche in den VAE investieren und produzieren, werden eine Langzeitfinanzierung der EDB erhalten. Zu einmaligen Konditionen. Wir sprechen aus Erfahrung, wir konnten bereits deutsche Mittelständler in Richtung EDB empfehlen. Rasch wurde eine Entscheidung erweitert, die ursprünglich nur lokale Distribution vorsah, hin zu einer stark unterstützen nun lokalen Produktion.

Ich kann nur jedem deutschen produzierenden Gewerbe in den VAE nahelegen, das Gespräch mit der EDB zu suchen. Der Anti Inflation Act der USA ist ein nur sehr schwacher Wettbewerber.

Wer lokal produziert kann mit sofortiger lokaler Abnahme und Langzeitverträgen rechnen

Neben ihren technologischen Vorsprung – die Emirate investieren ungebremst nicht nur in ihre Infrastruktur – aber auch in ihre lokale Industrie. Im Sinne der nationalen ökonomischen Diversifizierung entwickeln sich die vielen National-Champions, wie ADNOC, Etisalat, EMAAR, Etihad, Emirates, Aldar oder Masdar, TAQA, zu weltweit agierenden, erfolgreichen Global-Champions. Allein diese Unternehmen planen Investitionen in Technologie und Rohstoffe im zweistelligen Milliardenbereich in den kommenden zehn Jahren.

Dazu kommt ein ganz großer Vorteil für Unternehmen die ihre Güter lokal produzieren: Sie haben fast garantierte prioritäre Abnahmevereinbarungen mit oben besagten Unternehmen sicher. Unter starker Unterstützung des Ministry of Industry and Advanced Technology werden hier schnell viele Türen für langfristig ausgelegte Vereinbarungen vermittelt. Fast immer B2B, ganz ohne öffentliche Ausschreibungen. D.h. Anfangen zu produzieren und in einem Online Tool schon Kunden aussuchen.

Der einfache Zugang zum Weltmarkt – Die vielen Freihandelsabkommen

Man hört nicht selten das Argument, die VAE mit ihren ca. 10 Mio. Einwohnen seien als Markt zu klein für einen deutschen Produzenten. Trotz der hohen Kaufkraft. Das mag je nach Unternehmen und Produkt wahr sein. Doch wem der lokale Markt tatsächlich zu klein ist, wer in den VAE dank der genannten Förderprogramme Handel betreibt und produziert, bedient längst nicht mehr nur diesen lokalen Markt. Mit den bereits existierenden Freihandelsabkommen decken die VAE einen Markt von über 2 Mrd. (!) Menschen ab. Neben dem existierenden GAFTA zwischen den arabischen Staaten am Golf, Nordafrikas und der Levante, schlossen die VAE in den letzten Jahren bilaterale Abkommen mit Indien, Indonesien und Singapur. Weitere Abkommen werden derzeit verhandelt und folgen in den nächsten 24 Monaten. Es ist eine einmalige Reichweite, die kein weiteres Land am Golf aktuell besitzt.

Eine unkomplizierte Gesetzgebung für neue Technologien

Wer schon in Dubai oder Abu Dhabi war, merkt schnell, hier wird für technologischen Vorsprung viel Geld in die Hand genommen. Die Themen Smart City, Smart Mobility, Erneuerbare Energien werden hier gelebt und auf allen Ebenen gepusht. Und es wurde ein regulatorisches Klima geschaffen, neuen Technologien den nötigen Raum zu geben, hier Einzug zu finden oder von hier heraus erst zu entwachsen. Mit dem Ministry for Industry and Advanced Technology gibt es eigens ein mächtiges Ministerium für dieses Thema. Wir sprechen häufig auch mit deutschen Unternehmen, die lange, teurere und frustrierende Entwicklungs- und Zulassungsprozesse in der Heimat nicht mehr stemmen können bzw. die Jahre die teilweise ins Land gehen nicht mehr rentabel sind. Die VAE sind der perfekte „Testing Ground“ und Markt für neue Technologien.

3.    Unsere Empfehlung – An die Deutsche Außenwirtschaft und Außenpolitik

Politiker aus Frankreich haben es lange vorgemacht und waren sehr präsent am Golf. Deutschland ist hier eher etwas spät aufgesprungen, obwohl deutsche Politiker und deutsche Unternehmer am Golf extrem gesucht sind. Und es darf nicht bei Energiepartnerschaften bleiben, sondern muss eine vollumfängliche Wirtschaft umfassen – in beide Richtungen. Dazu gehören auch Handelsabkommen und Steuerabkommen zwischen den Ländern am Golf und Europa um den Austausch von Waren und Dienstleistungen aber auch insbesondere von Menschen zu erleichteren.